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Der Lyriker Erich Fried als Erzähler: eine interessante Auswahl aus seinen Prosatexten. (DR) Erich Fried ist heute, fast 10 Jahre nach seinem Tod, vor allem als Lyriker bekannt, seine Gedichtbände erreichen noch immer hohe Auflagen und sprechen aufgrund ihres politischen Engagements und ihrer sprachlichen Aussagekraft viele junge Menschen an. Erich Fried war auch Essayist, Hörspielautor, Übersetzer und Erzähler. Eine Auswahl seiner schönsten Prosastücke ist nun bei Wagenbach erschienen und stellt autobiographische Texte der fünfziger Jahre, Liebesgeschichten, philosophische Überlegungen und kurze Parabeln aus den letzten Lebensjahren vor. In viele seiner Erzählungen sind persönliche Erinnerungen eingeflossen, doch das Private steht immer mit dem Öffentlichen, mit dem Zeitgeschehen in Beziehung. So schildert Fried etwa seine Kindheit in Wien, die Verhaftung seiner Eltern durch die Nazis, die Vorbereitung für seine eigene Ausreise 1938 und die ersten Jahre im Lodoner Exil. Besonders beeindruckend ist der Text "Meine Puppe in Auschwitz", in dem Fried von seiner Besichtigung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau im April 1967 berichtet. In "Der Präventivschlag" ist es nicht ein persönliches Erlebnis, sondern eine biblische Vorlage, die ihn inspiriert: Er schreibt die Geschichte von Kain und Abel um und gibt ihr so eine neue, beunruhigende Wende. Wie in seinen Gedichten spielt Fried auch in seinen Prosatexten mit der Sprache, er zerlegt vorgeprägte Sprachmuster und Redewendungen, stellt geschickte rhetorische Fallen und entwirft Pointen, mit deren Hilfe er Lügen entlarvt und eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster aufdeckt. Wer Frieds Lyrik schätzt, sollte sich seine Prosa nicht entgehen lassen. - Allen Bibliotheken zur Anschaffung empfohlen. *bn* Ida Dehmer |
